Familienkost in Polen
Salzig + Sauer + Mittelscharf = Die polnische Küche
Die polnische Küche ist durch die reiche Geschichte des Landes geprägt und ihre Wurzeln sind vor allem in den Küchen der östlichen Nachbarländer zu suchen. Nicht zu übersehen sind deutsche, französische und jüdische Einflüsse. Wenn man die polnische Küche in drei Wörter fassen möchte, könnte man drei Adjektive nennen, nämlich salzig, sauer und mittelscharf. Das vierte könnte schwer bekömmlich sein und das Wichtigste heißt – LECKER! Man könnte noch ein Adjektiv hinzufügen – ungesund ...
Babys werden jedoch vor diesen Leckerbissen geschützt. Sie werden nach Bedarf gestillt und “entscheiden” damit die ersten 6 Lebensmonate selbst wie viel Nahrung sie brauchen. Nach dieser Zeit versuchen die Mütter “die Speisekarte” ihrer Kinder abzuwechseln. Von den Ärzten wird z.B. Gemüse- oder Möhrenbrei empfohlen, was in der Regel enthusiastisch angenommen wird. Wenn die Begeisterung vorbei ist, landet alles auf dem Tisch und Fußboden.
Vom siebten bis neunten Monat im Leben eines Babys werden Suppe oder Brei mit gedünstetem Fleisch oder Fisch eingeführt. Im zehnten Lebensmonat soll das Mittagessen aus zwei Speisen bestehen. Das kann Gemüsesuppe und gedünstetes Gemüse mit gekochtem Fleisch sein (einmal bis zweimal in der Woche). Im elften Monat werden Milchprodukte, wie z.B. Quark oder Joghurt eingeführt und mit Brot serviert.
Die Mütter in Polen legen einen großen Wert auf die Qualität der Produkte. Viele von ihnen bereiten im Sommer Hauseingemachtes für den Winter zu. Dann sind sie sicher, dass ihre Kleinen gesundes und leckeres Essen verzehren. Vor 15-20 Jahren war es undenkbar Lebensmittel verkommen zu lassen, deswegen wurde alles Obst und Gemüse eingeweckt.
Babys essen am Familientisch schon ab ihren ersten Lebenstagen mit Hilfe ihrer Eltern mit. Wenn sie schon sitzen können, versuchen sie alleine mit den Händen zu essen. Sie können selbst auswählen, wozu sie Lust haben. Selbstständiges Essen ist ein richtiges und gutes Spiel.
In Polen wurde von den Kindern immer verlangt ihren Teller leer zu essen, aber heutzutage ändern sich die Erziehungsmethoden und damit die Essgewohnheiten. Es passiert sehr oft, dass die Kinder zu Hause regieren und die Eltern sich ihnen unterordnen. Dann gibt es keine Chance sie überhaupt zum Essen zu überreden und den Teller leer zu essen.
Zu den festen Mahlzeiten, zu denen die Familie gemeinsam am Tisch sitzt, gehören das Frühstück und das Abendessen. Das Mittagessen wird in der Regel am Sonntag und Samstag gemeinsam verzehrt, weil es in der Woche dafür keine Zeit und keine Möglichkeit gibt. Wenn sich die Polen am Sonntag zu Tisch treffen, dürfen die Brühe (rosół) und das Schweinekotelett mit Salzkartoffeln und Beilagen nicht fehlen. Das Mittagessen an diesem Tag ohne Schweinekotelett wäre für die meisten Männer unvorstellbar!
In Polen ist es Tradition, Hochzeiten mit über 100 Gäste zu organisieren und was gibt es da wohl immer als ersten Gang? – Genau, Brühe und Schweinekotelett mit Salzkartoffeln.
Traditionelle Brühe
Am Morgen haben die Muttis viel zu tun, denn sie müssen die ganze Familie einschließlich des Ehemanns mit Pausenbrot versorgen. Zwar gibt es in fast jeder Schule einen Pausenkiosk, aber da kann man nichts Gesundes kaufen. Es werden vor allem Chips, Hamburger, Süßigkeiten und mit Kohlensäure versetzte Getränke verkauft. Das ist in Polen ein heikles Thema und darüber wird sehr oft diskutiert, leider ohne Erfolg. Heutzutage kann man in manchen Schullädchen Äpfel kaufen, aber ungesundes Essen wurde nicht verboten und wird von den meisten Schüler am liebsten ausgewählt. Die Schullädchen funktionieren weiter wie zuvor und sind bei allen Kindern beliebt.
Aber zurück zum Thema Frühstück. Es wird vor allem Weißbrot mit Käsescheiben, Schinken, Quark, Tomaten und Gurken gegessen. Früher mussten die Kinder jeden Morgen Qualen über sich ergehen lassen, denn es gab Milchsuppe (Milch mit Reis oder Nudeln), den Albtraum vieler Kinder. Zum Glück kam dann die Erlösung – Cornflakes in Hülle und Fülle.
Zum Frühstück wird in Polen Tee und Kaffee getrunken… Die Deutschen machen sich über die Polen lustig, weil sie Kaffee ohne Filter trinken. Das hängt mit der Zeit des Kommunismus zusammen, weil man Kaffe ohne Filter in Bars in Gläschen getrunken hat. Diese “Tradition” wird immer seltener wachgehalten, weil in den Haushalten Kaffeemaschinen immer populärer werden.
Die Polen sitzen sehr oft am Tisch, besonders zu Weihnachten und Ostern. Wenn man sich an den Tisch setzt, wünscht man sich Guten Appetit (smacznego) und nach dem Essen soll man sich dafür bedanken (dziękuję).
In Polen wird immer häufiger in Restaurants und in der Stadt gegessen. Früher konnten sich die Menschen das nicht leisten, aber heutzutage gibt es immer mehr Gutverdiener und Faulenzer, die keine Lust zum Kochen haben. In Polen hat sich das Leben wesentlich vor 23 Jahren geändert, als der politische und wirtschaftliche Wandel stattfand. Auf dem Lande wird in der Regel traditionell im Familienkreis gegessen.
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Wenn die Ausländer nach polnischen Spezialitäten gefragt werden, fällt meistens die Antwort Pierogi und Bigos. Pierogi sind ein polnisches Nationalgericht. Es sind gekochte halbrunde Teigtaschen mit Randverzierung und verschiedenen Füllungen. Die von den Kindern und meisten Erwachsenen beliebteste Füllung ist die, die aus Kartoffeln, Zwiebeln und Weißkäse besteht. An zweiter Stelle befinden sich Pierogi mit Sauerkraut und Pilzen, an dritter Stelle stehen Pierogi mit Fleischfüllung. Alle Sorten werden mit Sahne und gebratenem Speck serviert. Im Sommer isst man Pierogi mit Heidelbeeren, Pflaumen oder Erdbeeren. Wenn es um die Vorbereitung geht, sind die Omas in diesem Bereich echte Meisterinnen und Pierogi sind für alle eine Kindheitserrinnerung.
So sieht die Vorbereitung von pierogi aus (ziemlich viel Arbeit, besonders bei großen
Mengen).
Grieben dazu geben.
Pierogi servieren.
Das zweitwichtigste polnische Nationalgericht ist Bigos. Bigos ist ein Schmoreintopf aus Sauerkraut mit mehrerlei Fleisch, verschiedenen Wurstsorten, Waldpilzen, Pfeffer, Piment und Tomatenmark. Das ist eine der ältesten polnischen Speisen. Ein weiteres berühmtes Gericht sind Gołąbki (übersetzt: “Täubchen”). Der Name täuscht jedoch, denn Gołąbki sind keine gebratenen oder gekochte Vögel ;-)! Hinter diesem Begriff stecken geschmorte oder gebackene Kohlrouladen aus Weißkohl, mit Gehacktem und Reis gefüllt und mit Tomatenmark gereicht.
Das traditionelle polnische Mittagessen besteht aus zwei Gängen. In Polen gibt es viele traditionsreiche Suppen, die gern gegessen werden. Die im Ausland bekanntesten Suppen sind ohne Zweifel Barszcz (klare tiefrote Suppe aus vergorener Rote Bete) und Żurek (säuerlich-würzige Suppe aus vergorenem Mehl, mit viel Majoran, Kartoffeln, Möhren, Weißwurst und gekochten Eiern). Żurek wird am Ostersonntag zum Frühstück serviert.
Sauerkraut spielt in der polnischen Küche eine große Rolle. So gibt es auch eine berühmte Sauerkrautsuppe mit Wurst, Kartoffeln und Majoran.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die polnische Küche leckere deftige Hausmannskost bereithält, die es sich lohnt zu probieren.
Saure Mehlsuppe
Für diesen interessanten Einblick in die polnische Küche bedanken wir uns herzlich bei Justyna.
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